Magazin | MutMacher
Brigitte (81) und Hasso Konopka (87)

»Wir waren immer zusammen, einer brauchte den anderen«

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»Früher hatten wir schon mal über das Bürgerheim gesprochen. Und heute sind wir beide hier. Ich kann gut mit was Neuem anfangen.«

Jahrzehnte pflegten beide ein gemeinsames Hobby: Mit Begeisterung fuhren Brigitte und Hasso an den Wochenenden über Land, um auf Flohmärkten ihre Schätze anzubieten oder neue zu kaufen. Bis sie ihren Schlussstrich unter diese Lebensepoche ziehen mussten.

Hasso war stark erkältet. Da beide gewohnt sind, dass einer für den anderen spricht, übernahm Brigitte das Gespräch.
»Mein Mann kommt aus dem Norden. Ich wuchs in Bayern auf. Dort schloss ich meine Lehre als Friseuse ab und suchte eine neue Stelle, weil ich immer das Lehrmädel war. Ein Angebot kam aus Villingen. Nach 14 Tagen wollte meine Mutter bei mir nach dem Rechten sehen. Wir gingen Essen zum ›Wilden Mann‹. Am Nachbartisch saßen drei junge Männer, mit denen wir viel gelacht haben. Als wir gehen wollten, bot sich mein späterer Mann an, und wollte uns Villingen zeigen. Meine Mutter war absolut beruhigt und meinte nur, dass ich ja jetzt einen Bekannten hätte und nicht mehr allein rumlaufen müsste. Mein Mann wurde als Postbeamter nach Villingen versetzt und bekam eine schöne Wohnung. Wir suchten neue Möbel für Küche, Schlafzimmer und Wohnzimmer aus. Ich war sehr stolz auf ihn, als er die Rechnung über 30.000 DM bar bezahlte. Überhaupt muss ich meine Schwiegermutter loben. Die hat immer darauf geachtet, dass ihre beiden Kinder gespart haben. Wir zwei bekamen drei Buben. Als die selbstständiger waren, machte mein Mann den Vorschlag, dass wir gemeinsam Flohmarktartikel anbieten könnten. Ich dachte bei mir, wenn er das will, ist das für mich in Ordnung. Aber dazu mussten wir erst einmal ein Auto kaufen. Schon länger hatte ich den Wunsch, Auto fahren zu können und machte mit 33 Jahren den Führerschein. Dazu hatte mein Mann keine Lust. Er war lieber Beifahrer. Unsere Flohmarkt-Idee ließ uns nicht mehr los.

»Handeln ist wie das Salz in der Suppe

Freiburg, Stuttgart, Offenburg, Straßburg… Flohmärkte wurden unsere Leidenschaft. Manchmal waren wir morgens um 5 Uhr schon vor Ort und bauten auf dem Tapeziertisch unsere Ware auf. Danach ging mein Mann selbst über den Flohmarkt und suchte bei anderen Händlern nach neuen Stücken. Er war ein sehr guter Einkäufer. Man kaufte etwas und versuchte, das teurer wieder zu verkaufen, weil einem das mehr wert erschien. Auch Haushaltsauflösungen haben wir gemacht. Wir bekamen alles weg, was wir verkaufen wollten. Manchmal mussten wir auf etwas verzichten, weil wir Geld brauchten, um anderes zu kaufen. Das war ein unglaubliches Kribbeln. Jeder versuchte mit Blick auf seinen Geldbeutel zu handeln, Kunden und Verkäufer. So etwas gehört dazu und macht Spaß. Man spürte, wenn jemand schwindelte. Einmal bekamen wir statt unserem Geld Dinar in einer geschlossenen Rolle. Bei so einem Geschäft muss man damit rechnen. Geklaut wurde auch mal. Das war uns egal. Es gab mehr gute als schlechte Leute. Wir beide hatten immer Gesprächsstoff und mir geht das Herz auf, wenn ich davon erzählen kann.
Es war mit die schönste Zeit unseres Lebens. Jetzt sind wir 58 Jahre verheiratet und haben bis vor einem Jahr in unserer Wohnung gelebt. Plötzlich bin ich aus dem Stand schwer gestürzt. Nach vier Wochen Krankenhaus saß ich im Rollstuhl und mir wurde empfohlen, in ein Pflegeheim zu gehen. Im Bürgerheim bekam ich schnell ein großes helles Zimmer mit einem schönen Ambiente. Vor meinem Fenster ist die hübsche Anlage mit Springbrunnen. Ich war zufrieden, machte mir aber um meinen Mann zu Hause Sorgen. Er ist zuckerkrank und kann nicht kochen. Ich habe im Heim gefragt, ob er nicht auch ein Zimmer bekommen könnte. Das hat geklappt, sogar bei mir auf dem Gang. Und jetzt sind wir beide hier und erzählen immer noch viel von früher. Wir haben eine gute Ehe, mein Leben ist ausgefüllt, ich bin zufrieden. Uns hat nichts gefehlt, wir haben alles erreicht, was wir wollten. Oft passiert es mir, dass ich die alte Zeit in Gedanken zurückhole. Da kann ich richtig eintauchen und danach tauche ist zufrieden wieder auf.«

»Oft passiert es mir, dass ich die alte Zeit in Gedanken zurückhole. Da kann ich richtig eintauchen und danach tauche ist zufrieden wieder auf.«

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Hasso und Brigitte Konopka: »Wunderschön war unser Leben. Wir hatten uns und wir hatten was wir brauchten. Das waren aber keine Reichtümer.«
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Die Konopkas in ihrer interessanten Wohnung, die ein Spiegel ihrer Leidenschaft war. Auf Opas Arm ist ihre Enkeltochter Shannen, die heute selbst schon Mama ist.