„Unser Wunsch für die Zukunft ist gesund zu werden“
Mit zunehmendem Alter stellt sich oft die Frage, wann für einen Umzug der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Die Antwort fällt schwer, wenn jeder Stein des eigenen Hauses selbst gesetzt wurde. So ging es Anne und Willi Sauerland, die schweren Herzens umgezogen sind.
Der Kopf sagt ja, der Bauch sagt nein – dieses Auf und Ab hat Familie Sauerland bewegt. Letztendlich fiel vor einem Jahr die Entscheidung zum Umzug. Willi würde lieber seine frühere Haustür wieder öffnen und Anne sieht eher die Realität: “Ruhe habe ich bis jetzt noch nicht richtig gefunden. Um in unserer neuen Umgebung ganz anzukommen, braucht es Zeit. Mein Mann sitzt im Rollstuhl, kann nicht Stehen und nicht Gehen. Er musste sechs Stufen bewältigen, um in den behindertengerecht umgebauten Wohnbereich unseres Hauses zu kommen. Vor 42 Jahren hat er dieses Haus selbst gebaut und war Maurer, Fliesenleger und Maler in einer Person. Das war unser Familienglück und es fiel nicht leicht, alles hinter uns zu lassen. Zwei Jahre hatte ich eine Putzhilfe, weil ich einfach nicht mehr rumgekommen bin. Auch den Garten konnte mein Mann nicht mehr in Ordnung halten. Noch vor fünf Jahren haben wir ein Gewächshaus für Tomaten gebaut. Jetzt hätten wir für alles Hilfe gebraucht. Eine Zeit lang blieb alles an mir hängen, das war zu viel, und ich wurde unzufrieden. Unsere Kinder haben uns den Umzug sehr angeraten und uns eine Schnupperwoche im Bad Dürrheimer Kurstift geschenkt. Danach haben wir uns zu dem Schritt entschlossen. Natürlich war das richtig und vernünftig. Hier haben wir eine große schöne Wohnung und bekommen viel Unterstützung. Mittags gehen wir zum Essen, machen nur unser Frühstück und Abendbrot selbst. Zum Einkaufen fahre ich mit dem Auto. Bis vor zwei Jahren habe ich meinen Mann noch selbst zum Arzt gefahren. Jetzt müssen wir das Rote Kreuz rufen. Meinen Mann belastet, dass er nichts mehr tun kann, er war zeitlebens ein Schaffer in jeder Beziehung. Sein Wunsch war es immer, eine Autobahnmeisterei selbst aufzubauen. Dann bekam er die Chance und war über 20 Jahre Dienststellenleiter der Autobahnmeisterei Zimmern.“
Für Willi ist sein Berufsalltag ganz nahe
Genau das war ein Stichwort für Willi, der sich haarklein mit Begeisterung an seine Zeit in Zimmern erinnerte: „Vor 40 Jahren haben meine Leute sogar im Winter dort geschlafen, um schnell rausfahren zu können. Den aktuellen Wetterbericht habe ich immer auf dem Flughafen Zürich abgerufen. Die Wetterberichte waren sehr präzise. Für die Autobahn gilt die Pflicht, sie rund um die Uhr in Ordnung zu halten – das ist kein Vergleich zur Straße. Und wir hatten einen sehr guten und engen Kontakt zur Polizei. Anders ging das nicht. Wir mussten unsere Arbeit genau protokollieren. Auch zu einem Streuerhersteller im Schwarzwald hatte ich gute Beziehungen. Nachts haben wir gemeinsam Neuerungen ausprobiert. Und wir hatten rund um die Uhr, auch sonntags, Zugriff auf Ersatzteile. Zum Firmenchef war mein Draht so gut, dass der für uns einen Sonderdienst auf Rufbereitschaft eingerichtet hat.“
Ein wichtiger Teil war für die beiden auch ihre Freizeit. Sie erzählen von vielen Reisen mit Flieger, Schiff, Auto und Fahrrad. Die Touren haben sie selbst gestaltet und sich nur zur Realisierung ihrer Ideen Unterstützung im Reisebüro geholt. Von den Eindrücken zehren sie heute. Ein Schmuckstück ihrer Wohnung ist die Drehorgel, die leider im Moment nicht einsatzbereit ist und einen Fachmann braucht. „Mein Mann hat sie 1996 bauen lassen, weil er seiner Mutter zum 80. Geburtstag eine Freude machen wollte. Am liebsten hat Willi bekannte Lieder wie ‚Sierra Madre‘ und ‚Plaisir d’amour‘ gespielt. Nur die Enkel sahen das kritisch. Da kam der Spruch: Jetzt müssen wir erst für den Opa singen. Wir amüsieren uns darüber. Die wollten halt nur Halligalli-Lieder hören.“
Ein Umzug war für Familie Sauerland keine leichte Entscheidung: "Der Kopf sagt ja, der Bauch sagt nein."