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Schlafprobleme – Schafe zählen ist keine Lösung

Ursachen sind im Schlaflabor meist erkennbar

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Dr. med. Rolf H. Heitmann ist Experte für gesunden Schlaf. Der Schlafmediziner war bis 2014 Chefarzt an der MediClin Albert Schweitzer Klinik in Königsfeld und baute dort das erste Schlaflabor in der Region auf.

Was sind die markantesten Schlafprobleme?
Neben Ein- und Durchschlafstörungen sind Tagesmüdigkeit und Leistungsmangel oft die ersten Signale einer Schlafstörung. Morgens ist man nicht erholt, die Nächte sind bei der sogenannten Schlafapnoe-Krankheit durch lautes und unregelmäßiges Schnarchen mit Aussetzen der Atmung charakterisiert. Vom Hausarzt sollte es daraufhin zum Lungen- oder HNO-Facharzt gehen. Dieser gibt dem Patienten zunächst ein kleines Schlafanalysegerät zur sogenannten Polygrafie mit nach Hause. Wenn dieses schließlich Hinweise auf eine Schlaf- oder Atemstörung gibt, erfolgt die Überweisung ins Schlaflabor.

Worauf müssen sich Patienten im Schlaflabor einstellen?
Zuerst finden ein oder zwei Diagnosenächte statt. Dann folgen gezielte Behandlungsnächte. Die erste Nacht ist oft gewöhnungsbedürftig auf Grund der vielfachen Verkabelung mit dem aussagekräftigen Schlafanalysegerät. Diese Untersuchung heißt Polysomnografie. Am Untersuchungstag sollten die Patienten früh aufstehen, damit abends ein größerer Schlafdruck in fremder Umgebung entsteht.

Bringt ein Schlafmittel nicht schneller Hilfe?
Das ist in der Regel ein großer Irrtum. Schlafmittel sind beliebt, werden jedoch oft falsch eingenommen, sie verdecken und verstärken nicht selten die Probleme. Die Schlafstörung an sich ist ja nur ein Symptom sehr vielfältiger Störungen. Man sollte daher an die Ursachenklärung herangehen!

Schlaf ist also wichtig und sehr gesund – auch der Mittagsschlaf?
Erholsamer Schlaf ist gesundheitsfördernd, ja sogar lebenswichtig. Wer regelmäßig weniger als sechs Stunden nachts schläft, hat allgemein ein erhöhtes Krankheitsrisiko. Bei den Schlaf-gewohnheiten gibt es, genetisch bedingt, Abend- oder eher Morgentypen, die berühmten nachtaktiven Eulen und morgens schon hellwachen Lerchen. Ideal ist es, morgens ohne Wecker aufzuwachen, optimistisch und erholt zu sein. Ein kurzes Mittagsschläfchen von maximal einer halben Stunde ist durchaus – nicht nur für Ältere – gesund.

Was passiert im Schlaf?
Schlaf dient der Erholung und ist dabei ein biologisch hochaktiver Zustand, hier verbrennen wir daher fast so viele Kalorien wie am Tag – und können somit im Schlaf abnehmen! Insbesondere im Tiefschlaf ist unser Bewusstsein von der Außenwelt getrennt. Nur gröbere Reize lassen uns wieder wach werden.
Wir unterscheiden unterschiedliche Schlafstadien, welche sich im gesunden Schlaf in etwa fünf Zyklen wiederholen. Es überwiegt der Leichtschlaf. Wichtig für Erholung, Regeneration, Lernerfolge und Verarbeitung der Tagesereignisse sind jedoch ausreichender Tiefschlaf und der sogenannte REM-Schlaf. In diesen REM-Phasen bewegen sich die Augen unter den
geschlossenen Lidern schnell: Unser Gehirn arbeitet dabei auf Hochtouren für unsere Gedächtnisfunktion und die Verarbeitung seelischer Tageseindrücke. In dieser Phase träumen wir besonders erlebnisreich. Gegen Morgen nimmt der Tiefschlaf ab und der Traumschlaf zu. Träume können wir uns nur merken, wenn wir zwei bis drei Minuten danach wach waren – und nicht gleich wieder eingeschlafen sind.

Und was passiert im Schlaflabor?
Im Schlaflabor können wir ein gestörtes Schlafprofil analysieren, dessen Ursachen weiter-verfolgen und häufig einer Behandlung zuführen. Also: Wichtig für uns Menschen ist ausreichender Tiefschlaf zum Regenerieren und Reparieren von Zell- und Organdefekten, und ebenso ungestörter REM-Schlaf, um sich Erlerntes und Erlebtes zu merken. Alkohol, Nikotin und auch Medikamente können diese Tief- und REM-Schlafphasen erheblich stören! Deshalb sollte darauf bei Schlafstörungen nachmittags und abends verzichtet werden. Wer erholsam schläft, ist körperlich und seelisch stabiler und damit leistungsfähiger.

Gibt es Empfehlungen für einen guten Schlaf?
Zunächst sind Ein- und/oder Durchschlafstörungen sowie natürlich die Ursachen der Schlaf-störung überhaupt zu beachten. Allgemein gilt für einen guten Schlaf: Einhalten regelmäßiger Aufsteh- und Zubettgeh-Zeiten, zuvor keine schweren Mahlzeiten oder die genannten Genussmittel zu sich nehmen, und wichtig ist ausreichend körperliche Bewegung. Auch ein warmes Bad vor dem Einschlafen kann helfen, ebenso warme Bettsocken und ein regelmäßiges Zubettgeh-Ritual. Und nachts nicht auf den Wecker schauen. Das löst gedankliche und körperliche Reaktionen aus.

 

Sagt der eine: „Was machst du, wenn du nicht schlafen kannst?“ Sagt der andere: „Ich zähle Schafe, meist bis drei.“ Fragt der andere: „Du zählst bis 3 und schläfst schon?“ Antwort: „Naja, manchmal wird’s halb vier.“