Magazin | MutMacher
Dieter Buck (60)

Motorradfahren trotz Schlaganfall – ein steiniger Weg

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Nach zwei Jahren ging sein Wunsch in Erfüllung. Dieter Buck hat sein Hobby und Leben zurück und kann mit seiner »Elsa« unterwegs sein.

Vor einem Jahr steckte sich Dieter Buck ein großes Ziel und wollte zurück in sein glückliches Leben. Aufgeben war für ihn keine Alternative. Er fühlte sich zu jung, um seine frühere Zeit nur noch in Erinnerungen zu behalten. Was unmöglich schien, ist nach zwei Jahren geglückt. Mit viel Unterstützung gelang es ihm, die Auswirkungen seines schweren Schlaganfalls zu besiegen.

»Den Tag vor zwei Jahren werde ich nie vergessen. Morgens hatte ich ein komisches Gefühl und fuhr trotzdem zur Arbeit. Eine Stunde später lag ich in Rottweil im Krankenhaus, meine rechte Seite war gelähmt, sprechen und schlucken wurden immer schwieriger. Im MRT erkannten die Ärzte einen Pfropfen in meinem Hirn. An einen Schlaganfall habe ich nie gedacht. Ich bekam eine Lyse und dachte mir: Alles gut, ich lebe noch. Dann aber spielte mein Blutdruck verrückt, war zu hoch, mal tief, mal sehr hoch, mal sehr tief. Der Pfropfen hatte sich leider nicht aufgelöst. Am Abend wurde ich nach Villingen in die Stroke Unit gefahren. Nach vier Tagen Intensivstation kam ich auf die normale Station. Von Tag zu Tag ging es mir besser. Eine Logopädin übte mit mir sprechen und selbstständig essen. Täglich waren Kliniktherapeuten mit mir zu Gange.

»Ich wagte mir wieder Ziele zu stecken

Drei starke Säulen haben mich zurück auf die Füße gestellt und mir viel Motivation gegeben. Eine davon ist die meiner tollen Therapeuten im Klinikum und in der Reha in Gailingen. Hier entstand zum ersten Mal mein Wunsch für einen noch weit entfernten Traum. Denn meine Lebenspartnerin und ich sind leidenschaftliche Motorradfahrer. Dass ich diesem Traum näher kam, habe ich meinem jetzigen Therapeuten zu verdanken. Aber der zweijährige Weg dahin war alles andere als leicht. Das hat viel Kraft gekostet und war oft schmerzhaft. Aber es hat sich gelohnt. Meine Reha war einmalig gut. Nach dem Krankenhaus kam ich dort im Rollstuhl an und ging nach acht Wochen ohne Gehhilfe zurück nach Hause. Meine zweite Säule und mein ganz großes Glück ist meine Lebenspartnerin, die mir mit ihren Kindern und meinem Sohn einen sicheren Halt in der Familie gibt. Dabei haben wir uns erst ein Dreivierteljahr vor meinem Schlaganfall kennengelernt. Unsere Partnerschaft war noch nicht gefestigt und mir gingen viele Fragen durch den Kopf: Wird sie mit mir durch das Tal gehen? Bleibt sie bei mir oder kann sie die Situation vielleicht gar nicht ertragen? Sie ist geblieben, hat mich ständig besucht, mir geholfen und Mut gegeben. Und ich hatte noch das Glück, in Kappel eine wunderschöne ebenerdige Wohnung beziehen zu können. Dadurch konnte ich meine Wohnung verkaufen, denn Treppen steigen wäre für mich zu einem Problem geworden. Mein Therapeut im Nachbarort Niedereschach ist ein richtiger Mutmacher. Sein Schlagwort heißt: Dranbleiben, da geht noch viel. Mit ihm fasste ich Mut, gab Vollgas und mein Ziel wurde konkreter und rückte näher. Zu Hause übe ich täglich mit einem Gerät, damit meine rechte Hand beweglicher wird. Eine Faust kann ich wieder bilden, aber die Hand noch nicht wieder aufmachen. Die Finger wollen nicht so recht.
Aufgrund meiner eingeschränkten rechten Hand brauchte ich eine Idee zum Motorradfahren.
Im Internet fand ich den Verein ›Einarmhelden & Einbeinhelden e.V.‹, für Motorradfahrer mit Behinderung, Handicap an Arm und Hand. Genau das war mein Problem und ist meine Säule Nummer drei. Der Gründer und Vorsitzende des Vereins hat selbst eine Armbehinderung und kennt alle Regeln und Maßnahmen, die Menschen mit Behinderungen beachten müssen, bevor sie wieder Motorradfahren dürfen. Ich habe den Chef angerufen und merkte sofort, die wissen, wovon sie reden, hier bekomme ich alle Informationen und meine Fragen beantwortet. Mein Motorrad musste aufgrund meiner Handbehinderung umgebaut werden. Ich telefonierte mit der Werkstatt und organisierte eine Spedition, die das Motorrad bei mir abholte, in die Werkstatt fuhr und mir nach dem Umbau wieder zurückbrachte. Das Gutachten vom TÜV bekam ich auch. Der Umbau bedeutet, dass das Gas jetzt am linken Lenker und die Handbremse im Fußbereich ist. Meine rechte Hand brauche ich nicht. Mit ihr halte ich mich nur am Lenker fest. Vom Verein bekam ich den Hinweis, dass ich unbedingt ein Gutachten eines Verkehrsmediziners benötige, bevor ich überhaupt mit meiner Behinderung fahren darf. Das habe ich inzwischen in der Tasche und auch einen Fahrlehrer an meiner Seite, der mich zur Fahreignungsprüfung begleitet. Um alles zum Abschluss zu bringen, musste ich extra für die Zulassung nach Freiburg aufs Regierungspräsidium. Auch das habe ich hinbekommen.

»Jetzt kann es losgehen – das bedeutet üben, üben, üben

Ich habe mein altes Leben zurück. Ob ich wieder nach Sardinien fahren kann, sei mal dahingestellt. Die ersten Schritte sind der Verkehrsübungsplatz, hier hilft mir mein Sohn sehr viel. Ich habe keine Angst, aber Respekt. Wenn ich nicht sicher bin, dass ich fahren kann, steige ich auch nicht auf. So verantwortungsbewusst muss man sein. Das Ziel ist ganz nah und meine Motivation ist sehr hoch. Natürlich muss ich noch mehr üben, weiterhin Muskeltraining machen. Mein Problem ist Helm aufsetzen, Gurt zuziehen und Helm schließen. Dafür habe ich inzwischen meine Technik gefunden. Schon letztes Jahr habe ich mir gesagt, du musst dich auch selbst anziehen können. Und das ist gar nicht so einfach. Hose und Jacke kann ich anziehen, Stiefel und Handschuhe auch. Ich brauche halt Zeit, aber es geht. Schwierig ist noch, den Verbindungsreißverschluss zwischen Hose und Jacke zu schließen. Das ist mir wichtig, weil es Sicherheit bringt. Dafür brauche ich Hilfe. Mein Handicap wird mich noch länger begleiten. Ich weiß, ich muss am Ball bleiben und trainieren. Aber mein altes Leben habe ich zurück und meine ›Elsa‹ auch. Warum mein Motorrad ›Elsa‹ heißt? Ganz einfach, im Volksmund sagte man zu einer BMW GS das sei eine Kuh. Also habe ich meine R 1250 ›Elsa‹ genannt.«

»Drei starke Säulen haben mich zurück auf die Füße gestellt und mir viel Motivation gegeben.«

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Nach einem schweren Schlaganfall war Dieter Buck im Krankenhaus froh, noch zu leben. Doch nach Krankenhaus und langer Reha hatte er wieder eine Vision: Den Helm aufsetzen und endlich wieder fahren können.
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