Magazin | MutMacher
Hermann Frieß (86)

„Mir geht es so gut wie noch nie im Leben“

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Hermann Frieß auf seiner Terrasse mit dem Wagenrad vom eigenen Leiterwagen und frischen Kräutern.

Ich bin mit meinem Leben zufrieden. Bis auf einen Herzinfarkt – mit OP und schwierigen Tagen auf der Intensivstation –, den der Arzt tröstend als Blechschaden bezeichnete, ging es mir noch nie so gut wie jetzt. Meine Geschwister und ich haben die Gene von unserer Mutter geerbt. Sie wurde 92 Jahre alt. Vom ersten Schrei bis jetzt lebe ich in Niedereschach. Die Eltern hatten eine Nebenerwerbslandwirtschaft mit Tieren, Feldern und Gemüsegarten. Ich habe viel schaffen müssen. Gelernt habe ich Mechaniker und bei Jerger Uhren gearbeitet. Nach Feierabend stand das Fuhrwerk mit den Kühen bereit. Ich habe mir eine Jacke angezogen, ein Brot genommen und dann ging es fast jeden Abend und am Wochenende zu Hause an die Arbeit. Als Kinder haben wir oft gejammert, weil die Nachbarskinder mehr rumrennen durften. Wenn ich zurückblicke, würde ich heute nicht mehr so lange in der Landwirtschaft schaffen. Unsere Eltern meinten, dass schlechte Zeiten kommen könnten und wir deshalb alles erhalten sollten. 1960 habe ich den ersten Traktor gekauft. Da wurde es etwas leichter. Mit dem bin ich auch bei der Altmaterialsammlung durchs Dorf gefahren. Vor vierzehn Jahren habe ich eine schöne Wohnung im Betreuten Wohnen im Seniorenzentrum Niedereschach, das die FWD in der Ortsmitte gebaut hatte, gekauft. Anfangs habe ich sie vermietet. Dann wurde mir zu Hause alles zu viel.

In der Wohnanlage bin ich sofort heimisch geworden

Wenn ich gewusst hätte, wie wohl ich mich jetzt fühle, wäre ich sofort eingezogen. Unsere Betreuerin Christina Dreier kenne ich nur fröhlich und gut gelaunt. Bei uns ist immer was los, Pizzaessen, Kaffeestunde, Spieletage, Gymnastik, Gedächtnistraining … alles Mögliche. Wenn sie morgens kommt, schaut sie, ob alle Rollos oben sind. Wenn eins unten ist, hat sie ein Auge drauf, bis alle aufgestanden sind. Jede Woche gehe ich zum Boulespielen, gleich hier vorm Haus. Mit zwei Leuten treffe ich ich mich oft zum alten badischen Kartenspiel „Cego“ in unserem Gemeinschaftsraum. Ich laufe auch viel am Bach entlang, dann hoch ins Neubaugebiet und wieder zurück. Einziger Wermutstropfen sind die Hunde. Es gibt vernünftige Hundeführer und leider auch andere. Auf dem ganzen Weg muss man auf Hundehaufen aufpassen. Oft hat die Gemeinde versucht, das zu ändern. Es gibt rücksichtslose Menschen, die stört das nicht, die lassen ihren Hunden freien Lauf. Ich habe mich auch geärgert, wenn ich durch große Büschel Hundehaare mitten auf dem Weg durchlaufen musste. Die könnte man doch mühelos unterm Gebüsch entsorgen. Mitunter kommen Leute mit Autos, lassen die Hunde raus und kümmern sich nicht um den Rest. Das ist einfach eklig. Manchmal fahre ich mit dem Rad, habe aber kein E-Bike. Mit über 80 Jahren habe ich mir Mundharmonika spielen selbst beigebracht. Auf meinem C-Instrument fehlen die halben Töne, da muss man ein bisschen improvisieren. Früher habe ich aktiv im Dorf im Musikverein Klarinette gespielt. Ab und zu koche ich selbst. Einkaufen kann ich vor der Haustür, alles kein Problem. Sonntags bin ich bei meiner Freundin zum Essen eingeladen. Meistens bekomme ich für den nächsten Tag etwas mit. Wir unternehmen auch was miteinander und fahren gemeinsam in den Urlaub. Ich habe nur den Wunsch, dass ich noch ein paar Jährchen so gut leben kann wie jetzt. Man muss was tun, um fit zu bleiben. Rumsitzen bringt nichts, da baut der Körper nur ab.

Hermann Frieß ärgert sich über eklige Hundehaufen auf Wanderwegen.