Magazin | MutMacher
Ellen Koch (80)

„Mein Motto: Lebe dein Leben“

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„Als mein Mann starb, wurde mir die Wohnung zu groß. Letztes Jahr rief die Gemeinde Dauchingen an, weil eine Wohnung im betreuten Wohnen frei wurde. Irgendwie dachte ich, der ‚Löwen‘ ist wie ein Altersheim, und da wollte ich eigentlich noch nicht hin. Aber so ein Angebot bekommt man nicht jeden Tag. Also schaute ich mir die Wohnung an und entschied mich sofort dafür. Vierzig Jahre wohnten wir drei Häuser weiter und so blieb meine Nachbarschaft dieselbe. Die neue Wohnung ist gut zum Putzen, ruckzuck ist man fertig. Mit dem Rest habe ich nichts zu tun, muss keine vier Etagen bis zur Waschmaschine runterlaufen, keinen Schnee schippen, keine Kehrwoche machen und keinen Hausflur putzen. Ich fühle mich wohl und habe keine Sekunde bereut. Wer Kontakt will, der findet ihn, wer keinen will, ist für sich. Tratsch gibt es nicht. Ich habe nette Nachbarn, die auch mal in meiner Wohnung nach dem Rechten schauen, wenn ich verreist bin. Als ich einzog, habe ich alle von meiner Etage zum Kaffee eingeladen. So lernt man sich gut kennen. Ich verreise noch sehr gern. Früher waren wir oft wochenlang in Tunesien. Dort treffe ich viele alte Bekannte, meist sind es inzwischen alleinstehende Frauen. Außerdem wird hier im Haus sehr viel geboten, vor allem gibts tolle Ausflüge. Manchmal gehe ich mit ein paar Frauen auswärts zum Essen, oder ich esse im Haus. Die Frauen von der Caritas kochen jeden Tag frisch und richtig gut. Für nur fünf Euro bekommt man Salat oder Suppe, ein Hauptgericht, Nachtisch und etwas zum Trinken. Wer will, kann auch kostengünstig Frühstück, Mittag- und Abendessen buchen. Seit ich hier bin, koche ich überhaupt nicht mehr. Bis ich eingekauft, gekocht und den Herd geputzt habe und dann noch die Spülmaschine laufen lassen muss, esse ich lieber im Haus.

„Mein kleines, feines Refugium ist der Balkon mit herrlicher Aussicht und Ruhe, mein Ort zum Lesen“

Bei uns ist alles ungezwungen, man kann leben, wie man will, kann zu den vielen Veranstaltungen im Haus gehen oder seine Ruhe genießen. Es gibt immer Hilfe, wenn man sie braucht. Ist man krank, kommt jemand und versorgt einen. Einfach toll. Ich bin noch mobil, fahre Auto und trotz neuer Kniegelenke, einer Bandscheiben-OP, einer neuen Herzklappe und einem neuen Hüftgelenk bin ich sehr unternehmungslustig. Wenn ich morgens lustlos bin, gehe ich noch mal eine Stunde ins Bett. Dann gehts mir besser. Meine Erfahrung sagt, im Alter muss man nicht zum Doktor gehen. Mein Hausarzt hat mich schon zu Fachärzten geschickt, bei denen ich eine unakzeptable Antwort bekommen habe. Grund ist mein kribbelnder Fuß, der sich pelzig anfühlt und kalt ist. Ich vermute Durchblutungsstörungen und was höre ich, ich soll in den Kalender schauen oder mir ein Automatikauto kaufen, dann ginge es mit dem Fuß besser. Was sagt man dazu? Da drehe ich mich um und gehe und versuche mir selbst zu helfen. Für meine neue Wohnung habe ich ein paar neue Möbel gekauft. Mit den alten hatte ich ein Problem. In Gedanken habe ich immer meinen kranken Mann auf der Couch oder im Bett liegen sehen. Das hat mich belastet. Mein erster Gedanke jeden Morgen ist: Gott sei Dank kann ich aufstehen.“

"Mein erster Gedanke jeden Morgen ist: Gott sei Dank kann ich aufstehen.“