Magazin | MutMacher
Hospiz-Gäste erzählen ihren neuen Alltag

„Hier darf man so sein, wie man ist“

Sie treffen sich täglich unter der großen Kastanie: Kornelia Martone, Dietmar Landwehr, Heidemarie Bonk und Peter Kaltenbach (von links).


Täglich treffen sie sich unter der Kastanie im Park vom Hospiz Via Luce. Es wird geschwätzt, gelacht und ab und zu „eine angezündet“. Unter dem Baum ist die Raucherecke. Leika kommt vorbei, mit Vornamen „Bala“, wie Peter Kaltenbach die kleine Hundedame von Haus-Chefin Maria Noce vorstellt. Alle vier sind Bewohner im Hospiz – hier werden sie Gäste genannt – und ausgesprochen kontaktfreudig.

Kornelia Martone (59) aus Singen
„Noch habe ich Lust am Leben“
Kornelia Martone wohnt seit sechs Wochen im Hospiz. In ihrem neuen Lebensmittelpunkt hat sie sich eingerichtet, Fotos und kleine Erinnerungen mitgebracht. Im Radio läuft eine CD von Helene Fischer. Trotz ihrer schweren Krankheit ist sie eine fröhliche Frau. „Alle sagen, ich hätte ein Lachen im Gesicht. Ich bin schon immer lebenslustig und muntere andere ein bisschen auf. Meine Nachbarin war in einem tiefen Loch. Ich habe ihr immer gesagt, dass sie sich nicht hängen lassen soll. Dadurch wird das Leben nicht schöner. Lachen macht gesund. Als ich von Singen hierher kam, ging es mir auch anders. Ich dachte: aus den Augen aus dem Sinn. Stimmt aber nicht. Mein Bruder kommt alle zwei Wochen, meine Schwester wohnt bei Hannover, ruft mich an oder simst mit mir. Beide sind meine Betreuer und regeln alles in meinem Sinn. Wir sind vier Geschwister und haben früh unsere Mutter verloren. Sie starb mit 36 und unser Vater mit 49 Jahren, beide an Krebs. Ich habe immer gehofft, dass mir nicht das gleiche Schicksal passiert. Vor zehn Jahren bekam ich die Diagnose, dass ich zwei inoperable Tumore im Kopf habe. Es folgten Bestrahlungen und Chemos, anfangs mit Erfolg. Genau nach fünf Jahren kehrte der Krebs mit Metastasen zurück. Jetzt ist es halt sehr schlimm geworden. Ich bin eine Kämpfernatur, ich gebe nie auf, bis der da oben sagt: Es ist genug. Morgens stehe ich sehr früh auf, wasche mich und gehe mit meinem Rollator vors Haus in die Raucherecke. Abends schaue ich Fernsehen oder lege einen Film in den Recorder. Manchmal gehe ich kleine Runden spazieren oder setze mich in unsere gemeinsame Wohnküche. Ich hasse es im Zimmer zu sein, ich muss raus. Über meine Krankheit habe ich früher nie gesprochen. Jetzt rede ich kurz drüber und sage danach: So, jetzt will ich aber davon nichts mehr hören.“

Peter Kaltenbach (51) aus Schonach
„Klasse, was ich hier genießen kann“
„Vor vier Tagen wurde ich vom Palliativzentrum hierher gebracht. Die haben mir das Hospiz empfohlen und ich bin begeistert. Drei Wochen stand ich auf der Warteliste, dann hat es geklappt. Als ich ankam, war Abendbrotzeit. Ich hatte auf nichts Appetit. Und dann fragt mich doch die Hauswirtschafterin, ob sie mir ein Spiegelei machen soll. Für mich war es unfassbar, das es so etwas gibt. Und mir hat es super geschmeckt. Zu Hause konnte ich allein nicht bleiben. Ich brauche einen Rollstuhl, rundum Pflege und gute medizinische Betreuung. Hier ist es spitzenmäßig. Wir sind wie eine große Familie und ich habe das Gefühl, einen hohen Stellenwert zu haben. Von der Putzfrau bis zur Chefin … keine Hektik, alle nehmen sich Zeit. Auf unsere Wünsche reagiert man hier ganz flexibel. Für mich ist der kleine Park genau richtig. Oft brauche ich schnelle Hilfe und kann mich nicht weit vom Haus entfernen.“

Heidemarie Bonk (65) aus Freudenstadt
„Also ein Kurhotel ist nichts dagegen“
„Täglich kommen Ehrenamtliche, die sind super. Sie fragen, ob wir Lust zum Reden oder zum Spazierengehen haben. Also mal ehrlich: Ein Kurhotel ist nichts dagegen. Wir helfen uns gegenseitig. Und wenn es gut tut, wird man in den Arm genommen, und dann dürfen auch mal die Tränen laufen. Hier darf man sein, wie man ist, und muss sich nicht für Tränen schämen. Als ich vom Krankenhaus vor zehn Wochen hierher kam, wusste ich nicht, was mich erwartet. In die eigene Wohnung kann ich nicht mehr. Meine Mutter habe ich 18 Jahre gepflegt, heute ist sie 92 und lebt in Schramberg. Die Kinder sind weiter weg, aber in den Ferien besuchen sie mich.“

Dietmar Landwehr (59) aus Waldshut
„Ich werde medizinisch optimal betreut“
„Seit drei Tagen bin ich im Via Luce. Ich wusste, dass es Hospize gibt, aber dass es so wenige sind, hätte ich nicht gedacht. Die Eingewöhnung wird einem hier leicht gemacht. Zu Hause bin ich immer wieder umgefallen, außerdem brauche ich eine Rundumpflege. Meine Frau arbeitet noch und betreut zusätzlich ihre Mutter. Mein Sohn kommt beruflich häufig nach Villingen und besucht mich. Mir geht es hier besser als zu Hause, ich werde medizinisch sehr gut versorgt, das beruhigt mich.“

WEITERE INFORMATIONEN

Hospiz Via Luce
78054 Villingen-Schwenningen
Telefon: (07720) 99589-70
www.hospiz-via-luce.de

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