Magazin | Einblicke

Einer sollte sich anpassen: Der Rollator dem Menschen oder der Mensch dem Rollator?

Headerbild
Produktberaterin Viktoria Laub stellt Angela Tronco mal zum Probefahren das aktuelle, sehr leichte Modell aus Carbon und mit Korkgriffen vor. Der Rollator hat von Haus aus 32 Reflektoren und eine Tasche, die mit Magnetverschluss ausgestattet ist. Die Entwicklungen gehen ständig weiter, um Kundenwünsche komplett zu erfüllen.

Vor schnellem Kauf von Billigrollatoren warnen schon aufgrund möglicher Haltungsfehler nicht nur Ärzte und Physiotherapeuten, sondern auch Experten aus dem Seniorenrat und vom Sozialverband VdK. Gemeinsam mit Familie Tronco treffen wir uns mit Victoria Laub, einer Produktberaterin im Orthopädiezentrum Piro.

Frau Laub, fangen wir mal beim Geld an. Was zahlen die Krankenkassen?
Unsere Firma hat nicht mit jeder Kasse einen Vertrag. Deshalb können wir nicht in allen Fällen die Kosten verrechnen. Nach unseren Erfahrungen zahlen gesetzliche Kassen zwischen 40 und 100 Euro zu. Wer mit einem Rezept vom Arzt kommt, der zahlt lediglich die Rezeptgebühren und bekommt das Standardmodell. Das sind recht schwere Geräte und brauchen mehr Mühe beim Zusammenklappen. Das Produkt bekommt man sozusagen für fünf Jahre ausgeliehen und muss es dann wieder zurückgeben. Danach hat der Versicherte die Möglichkeit, sich zum Beispiel für ein Leichtgewicht zu entscheiden. Wer seinen Rollator selbst bezahlt und eine Zuzahlung bekommt, behält selbstverständlich seinen Rollator.

Mit welchen Informationen beginnen Ihre Beratungen?
Wir fragen zuerst, wofür die Kunden den Rollator überwiegend benötigen und wie oft und wie weit sie unterwegs sein wollen. Die Frage ist, ob er hauptsächlich in der Wohnung, beim Stadtgang oder in der Natur genutzt werden soll. Danach richten wir unser Produktangebot. Wer sich nur erst mal informieren möchte, dem stellen wir das Gesamtprogramm vor, damit die Kunden wissen, welche Details Ihnen wichtig sein können.

Worauf liegt denn der Fokus bei den Details?
Da gibt es individuelle Vorstellungen. Natürlich sollte die Farbe nicht auf Nummer eins stehen. Zu den drei wichtigen Details gehören die passende Sitzfläche, gut funktionierende Bremsen und das Gewicht. Individuelle Wünsche sind oft Rückengurte, die Funktion des Zusammenklappens, die Art der Räder oder eine Stockhalterung und Regenschirmmöglichkeit. Familie Troncos Rollatoren sind zwar unterschiedlich schwer, gehören aber beide noch zu den Leichtgewichten. Bremsen zum Beispiel sind bei allen Modellen im Grunde gleich. Leichtgewichtsmodelle klappen auf Knopfdruck zu oder auf. Wenn wir Zusatzteile empfehlen, berücksichtigen wir die individuellen Lebensumstände. Familie Tronco empfehlen wir für ihren Wunsch nach einem Scheinwerfer eine am Rollator befestigte Taschenlampe mit Akku. Auch Reflektoren sind gut nachrüstbar. „Probefahren“ können die Kunden gern auch auf einer Rampe bei uns im Haus. Oder sie nutzen unser großes Gelände, um ein Gefühl für den Rollator zu bekommen. Wir bieten unseren Kunden auch an, nach einer gewissen Zeit zum kostenlosen Check zu uns zu kommen. Dann schauen wir gern nach, ob die Reifen noch gut laufen und die Bremsen ordentlich funktionieren.

Gibt es auch Luxusausstattungen?
Natürlich, zum Beispiel das „2in1-Modell“, sozusagen Rollstuhl und Rollator in einem Produkt. Es gibt Bergabhilfen, die automatisch bremsen. Möglich ist vieles, aber das empfehlen wir nur auf Anfrage. Es ist alles eine Frage des Preises. Wichtig ist uns: Ein Rollator muss sich dem Alltag und der maximalen Unterstützung der Kunden anpassen – nicht umgekehrt.

Angela und Biagio Tronco sind täglich mit Hund Leila und ihren Rollatoren unterwegs. Das Ehepaar aus Hardt hat Erfahrung mit ihrem Hilfsmittel auf vier Rädern. Unser Treffpunkt mit den beiden ist vor dem Orthopädiezentrum, in dem individuell der Rollator an ihren Alltag angepasst wurde.

"Mit unserer Leila müssen wir jeden Tag aus dem Haus und genießen das auch. Dadurch nehmen wir wieder mehr am Leben teil. Aber das geht eben nur mit dem Rollator. Für uns zwei passt das jetzt alles bestens zusammen."

Sidebarbild
Angela Tronco: "Ich war ein Fall für den Rollstuhl. Nach drei Monaten Krankenhaus und einem Monat Reha hatte ich gelernt, mit dem Rollator zu laufen. Dennoch: Ich war erst 72 Jahre alt und sollte mich also fortan auf der Straße mit Rollator bewegen. Ich sträubte und genierte mich. Aber starke Gleichgewichtsprobleme ließen mir keine Wahl. Heute bin ich überzeugt davon, denn ich bin wieder mobil. Mein Alltag ist beweglicher geworden und das 'kleine Auto' gibt mir Sicherheit und ist eine große Hilfe. Ich habe mir ein Leichtgewicht ausgesucht. Wir fahren viel mit dem Auto und das Zusammenklappen und in den Kofferraum heben muss einfach gehen. Zu Hause benutze ich meinen Gehstock. Was wichtig für mich war? Ich wollte einen bequemen Sitz in der richtigen Breite und einen Haltegurt zum Anlehnen. Der unterstützt mich mit meinen Hüftproblemen beim Aufstehen. Wichtig war mir eine geräumige Tasche und eine passende Halterung für meinen Gehstock. Einen Schirm brauche ich nicht unbedingt, gegen Regen habe ich gute Kleidung. Aber als Sonnenschirm für die Pause unterwegs ist er hilfreich. Die Griffhöhe wurde entsprechend meiner Größe eingestellt, denn aufrechtes Gehen ist mir wichtig. Und noch ein Vorteil: Nicht überall stehen Bänke, aber ich kann mich jederzeit an einem schönen Ort hinsetzen und die Natur genießen. Täglich müssen wir mit unserer Leila raus. Wenn mein Mann nicht mitgehen will, nehme ich seinen Rollator, weil er breitere Räder hat. Im Wald liegt viel Schotter, da rumpelt der richtig gut drüber und ich kann weiter laufen als mit meinem Gefährt. Meinen Rollator vergesse ich nie. Ich habe mich so gut an ihn gewöhnt, dass er mir fehlen würde."
Sidebarbild
Biago Tronco (72): "Nach der Knieoperation wurde mir in der Reha ein Rollator empfohlen. Am Anfang hatte ich Krücken. Die sind recht, gehen aber in die Arme und Schultern. Das ging nicht mehr. Mit dem Rollator habe ich weniger Schmerzen. Mir hat das nichts ausgemacht, damit auf die Straße zu gehen. Ich habe mir gesagt, den brauche ich und fertig ist. Im Haus nehme ich keine Hilfe. Wir haben zwei verschiedene Modelle. Was für mich wichtig war? Ich brauche keinen Gurt zum Anlehnen, dafür wollte ich größere Räder. Das Zusammenklappen sollte gut funktionieren. Mein 'Fahrzeug' ist zwar schwerer als das meiner Frau, aber ich bekomme ihn mühelos in den Kofferraum. Zusätzlich ist der Rollator für mich auch ein Trainingsgerät. Er wurde auf meine Größe eingestellt und so trainiere ich ganz nebenbei aufrecht und gerade zu gehen. Das ist mir sehr wichtig, denn automatisch geht das zu Hause ohne Hilfsmittel auch. Mit den Bremsen zum Feststellen und Bergablaufen komme ich gut zurecht. Das ist halt wie beim Fahrrad. Wofür ich mich noch interessiere ist eine Art Scheinwerfer, wenn ich mit dem Hund im Dunkeln laufe. Vielleicht kann man auch Reflektoren am Rollator nachrüsten. Das wäre wichtig, denn meistens trägt man da dunkle Kleidung. Nach den Zusatzteilen will ich heute fragen. Für mich ist unsere Leila ganz wichtig. Wir hatten mal ein Vierteljahr keinen Hund, das war schlimm. Da hat man weniger Lust sich zu bewegen und will nicht aufstehen. Jetzt werden wir gezwungen und genießen, am Leben wieder mehr teilzunehmen. Und das geht nur mit dem Rollator. Für uns zwei passt das bestens."