Magazin | Einblicke
Praktische Alltagshelfer statt Deko

Eine Wohnung zum Ausprobieren

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Fabienne Klausmann, Alex Glatz und Ines Adamietz im barrierefreien Badezimmer (von links).

Wir begleiten Alex Glatz in eine Musterwohnung der besonderen Art. Sie nennt sich BEATE, ist zehn Jahre alt und beherbergt unzählige nützlich Alltagshelfer. Ihr Kunstname setzt sich zusammen aus Barrierefreiheit, Erleben und Ausprobieren, Alltagshelfer, Technische Unterstützung und Einzelberatung. Die Wohnungstür steht offen, wir werden erwartet.

Alex Glatz (67) hatte vor zwölf Jahren einen schweren Schlaganfall. Seither hat er sich Stück für Stück mit zahlreichen Therapien und Training in sein Leben zurückgekämpft. Die linke Hand und das linke Bein brauchen heute noch Unterstützung. Ihm ist wichtig, rechtzeitig nach Möglichkeiten zu suchen, die seinen Alltag zukünftig erleichtern können. Heute ist Vor-Ort-Termin mit Ines Adamietz und Fabienne Klausmann von der Beratungsstelle Alter & Technik im Schwarzwald-Baar-Kreis. Beide unterstützen Menschen mit Einschränkungen oder ältere Menschen, denen nützliche Alltagshelfer eine große Hilfe sein können. Die 70 Quadratmeter große Musterwohnung ist dekoriert mit zirka 250 Produkten. An jedem einzelnen hängen Folientaschen mit Infoblättern – für Interessierte zum Mitnehmen. Darauf stehen kurz und bündig Angaben zum Produkt, zu Funktionen, zum Preis und zum Anbieter sowie zu möglichen finanziellen Zuschüssen. Ein erster Rundumblick, und man kommt aus dem Staunen nicht raus. Trotz der Fülle sind die zwei Beraterinnen mit Sammelleidenschaft, wie sie selbst zugeben, noch immer mit offenen Augen unterwegs. »Wir müssen erfinderisch sein, gehen auf Messen und blättern in Werbeprospekten. Einige Kleinigkeiten finden wir beim Discounter oder bitten auch unsere Kooperationspartner um Unterstützung. Selbst Firmen informieren uns. Jedes in den Bestand aufgenommene Produkt wird vorher von uns oder einer Testperson geprüft. Nur wenn wir das Produkt als geeignet bewerten, nehmen wir es auf. Neutralität ist das oberste Gebot. Wir sind nicht die Verkäufer der Produkte und benennen auch nicht einzelne Händler namentlich. In der Tat werden auch immer wieder Produkte aussortiert, um die Musterwohnung aktuell zu halten.«

Schlagworte zu den Themen:
Barrierefreiheit, Sicherheit, Ergonomie, Alltags-, Seh- und Hörhilfen

In engen Abständen liegen Produkt an Produkt, die neugierig machen und zum Anfassen und Ausprobieren verlocken. Genau das ist ausdrücklich gewünscht. Ob mit oder ohne Handicap – von Aufstehhilfe nach Stürzen über verschiedene Notrufmöglichkeiten bis hin zu Popodusche und Treppenlift findet jeder Anregungen für mehr Lebensqualität. Nach Anmeldung bieten beide Mitarbeiterinnen kostenlose und neutrale Beratungen nicht nur in der Musterwohnung, sondern auch daheim an. Unzählige Male waren sie mit Zollstock, Musterkoffer und einer übersichtlichen Produktbroschüre im Schwarzwald-Baar-Kreis unterwegs. Beide finden schade, dass »viele Betroffene oder ihre Angehörigen erst im Akutfall kommen. Man könnte sich rechtzeitig schon eine Menge Erleichterungen nach Hause holen und sich frühzeitig und in Ruhe Gedanken machen, was aufgrund der eigenen Behinderungen oder auch bei vorübergehenden Mobilitätseinschränkungen Erleichterung bringen könnte. Manche staunen, welche Zuschüsse möglich sind und was alles verordnungsfähig ist und bedauern, sich nicht schon früher Alltagshelfer ins Haus geholt zu haben. Selbst jüngere Menschen finden hier Ideen für mehr Komfort. Es gibt bei uns Produkte, die auch wir daheim nutzen.«
Kein Wunder, dass so ein Projekt nach Nachahmung ruft. Inzwischen existieren für die Einwohner der benachbarten Landkreise Rottweil und Tuttlingen ebenfalls Musterwohnungen, in denen Mitarbeiter Beratungen anbieten.

Unser Rundgang beginnt mit der Frage an Alex Glatz von Ines Adamietz:

»Welche Erkrankung und Einschränkungen machen Ihnen Probleme?«

Alex Glatz: »Ich habe einen Pflegegrad und Probleme mit Hand und Bein. Ich stelle mir die Frage, wie ich im Alter in die zweite Etage meiner Wohnung komme. Ich denke an einen Treppenlift. An wen kann ich mich wenden, wie teuer ist er in etwa und ist der Einbau in einem Mehrfamilienhaus überhaupt möglich?«

Ines Adamietz: »Gerne gebe ich Ihnen eine Liste mit Treppenliftanbietern aus der Umgebung mit. Ein Treppenlift kostet zirka 12.000 Euro pro Stockwerk. Dies variiert je nach Treppenform. Zuschüsse können Sie bei der Pflegekasse (4.000 Euro bei Vorliegen eines Pflegegrades) oder alternativ bei der KfW-Bank (10 Prozent) beantragen. Grundsätzlich muss beachtet werden, dass bei einem Einbau für die anderen Bewohner ein Fluchtweg mit einer durchgängig lichten Breite von einem Meter garantiert ist.«

Alex Glatz: »In meiner Duschwanne ist eine hohe Kante. Schon jetzt habe ich Probleme mit dem Einstieg. Ein Handwerker hat sich das angeschaut und gemeint, dass der Einbau einer barrierefreien Dusche bei mir aufgrund des hohen Abflusses schwierig sei. Gibt es andere Chancen?«

Fabienne Klausmann: »Alternativ ist es möglich ein Pumpsystem einzubauen oder eine ebenerdige Dusche auf ein Podest zu setzen. Gerne gebe ich Ihnen eine zertifizierte Liste mit seniorenfreundlichen Handwerkern aus der Umgebung mit. Wir beraten Sie selbstverständlich gern kostenlos und neutral und sind auch bei den Anträgen behilflich.«

WEITERE INFORMATIONEN
Musterwohnungen in den Landkreisen Schwarzwald-Baar, Rottweil und Tuttlingen

Landkreis Schwarzwald-Baar:
Beratungsstelle Alter & Technik
Landratsamt Schwarzwald-Baar
Telefon: (07721) 913-7074
alterundtechnik@lrasbk.de
www.lrasbk.de/beratungsstelle-alter-und-technik

Musterwohnung (nach Terminvereinbarung)
Erzbergerstraße 28 (VS-Schwenningen)

Landkreis Tuttlingen:
Ulrike Betzler, Ronja Windmüller
Fachstelle für Pflege und Selbsthilfe
Telefon: (07461) 926 4610
fps@landkreis-tuttlingen.de
www.fps.landkreis-tuttlingen.de/Beratung

Musterwohnung (nach Terminvereinbarung)
Robert-Koch-Str. 31 (Spaichingen)

Landkreis Rottweil:
Carmen Kopf
Beratungsstelle Alter & Technik
Telefon: (0741) 244 8161
alterundtechnik@landkreis-rottweil.de
www.seniorenarbeit-kreis-rottweil.de

Musterwohnung (nach Terminvereinbarung)
Parktorweg 1 (Schramberg)

Ein tolles Projekt, das nach Nachahmung ruft. Inzwischen existieren für die Einwohner der benachbarten Landkreise Rottweil und Tuttlingen ebenfalls Musterwohnungen, in denen Mitarbeiter Beratungen anbieten.

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Treppenlift
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Nach Sturz: Aufstehhilfe für Gestürzten unproblematisch zusammenbauen.
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Nach wenigen Minuten sitzt der Betroffene aufrecht.
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Aufsteh-Sessel
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Rutschfestes Essbrettchen
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Bequeme Fenstergriffverlängerung.