Barfußbaden bringt ihren Kreislauf in Schwung
Das ist Klara: Sie lacht gern, ist fröhlich, ständig in Bewegung, oft unterwegs oder in Bücher vertieft. Klara wohnt in Mönchweiler in einer ambulanten Wohngruppe für Menschen mit Pflegebedarf, die dennoch selbstbestimmt leben möchten.
»In Villingen bin ich aufgewachsen. Mein Vater war Kölner und dort wollte ich hin. Die Stadt gefiel mir, für zwei Jahre zog ich zu meiner Tante. In Köln lernte ich meinen Mann kennen, wir haben geheiratet und wollten eine Wohnung. Auf dem Wohnungsamt haben die uns gefragt, was wir uns einbilden. Sie hätten nicht mal für Leute, die zehn Jahre verheiratet sind, eine Wohnung, gleich gar nicht für uns. Damit war das Thema erledigt und ich schrieb das meinem Vater. Die kurze Antwort war: Dann zieht doch hierunter. Arbeit bekamen wir sofort. Mein Mann ist vor sieben Jahren gestorben. Wir beide waren leidenschaftliche Camper, zuerst mit einem Wohnwagen, später kauften wir uns ein Wohnmobil. Als wir in Rente waren, sind wir oft monatelang unterwegs gewesen. Meistens in Italien, Portugal, Spanien oder Frankreich, aber immer am Meer. Schwimmen war uns wichtig. Als wir mal ewig unterwegs waren, haben wir unsere Tochter veralbert. Wir wollten, dass sie ein paar Tage ausspannen sollte. Also haben wir aus Portugal geschrieben, dass es Papa nicht gut geht und sie solle den Flieger nehmen. Und dann standen wir beide gesund und munter am Flughafen und haben sie abgeholt. Wir sind halt eine lustige Familie.
»Vor einem Jahr musste ich einsehen, dass ich nicht mehr allein leben kann
Ab und zu vergaß ich etwas, auch der Haushalt war zu viel. Meine Tochter redete mir gut zu, dass ich mir doch mal die neue Wohnanlage bei ihr in Mönchweiler ansehen sollte. Einen ganzen Tag war ich dort und fand es gut. Als eines der zwölf Zimmer in der kleinen betreuten Wohngruppe frei wurde, kamen mir Zweifel. Ich wollte nicht umziehen. Gelockt hat mich dann, dass meine große Familie hier wohnt, mit der ich mich gut vertrage. Wir haben zwei Enkel, vier Urenkel und sogar schon einen Ururenkel. Kurzerhand kündigte ich doch meine Villinger Wohnung und zog vor einem Jahr hier ein. Jetzt bin ich hier zu Hause. Wichtig ist meine eigene kleine Terrasse. Seit Jahren gehe ich täglich bei jedem Wetter zum Barfußbaden, zur Not mit Schirm. Nach dem Aufstehen laufe ich in der Wiese barfuß. Das brauche ich, ohne dem geht der Tag nicht los. Dann ist der Kreislauf in Schwung und es wird gefrühstückt. Mein Mann hat das früher auch mitgemacht, nur nicht so gerne wie ich. Wir haben es hier gemütlich, eine große Couchecke, die Gemeinschaftsräume und irgendwas ist immer los, Zeitung lesen, Spiele, Gedächtnistraining, Gymnastik … alles Mögliche. Fernsehen schaue ich nur abends, das reicht, sonst wäre mir das zu langweilig. Aber Kreuzworträtsel und Bücher liebe ich. Manchmal setze ich mich in unsere Couchecke. Die anderen um mich herum gucken Fernsehen. Das stört mich nicht, ich bekomme nichts mit. So vertieft und konzentriert bin ich beim Lesen. Wenn nach den Nachrichten im Fernsehen nichts Gescheites kommt, lese ich abends im Bett. Auch Laufen steht auf meinem täglichen Plan. Ich laufe sehr zügig, mal im Ort und mal in unserem Riesenpark vorm Haus. Da kommen manchmal Jüngere nicht nach. Auf die nehme ich Rücksicht und gehe langsamer. Einen Rollator brauche ich nicht. Und einmal in der Woche gehe ich abends zum Gottesdienst in die Kirche. Häufig holt unser Bruder meine Schwester und mich sonntags mit dem Auto zum Essen ab. Das Lokal suchen wir spontan aus, und anschließend laufen wir, so wie jeder kann. Ich habe mich früher schon mit meinen Geschwistern gut verstanden, auch mit den drei Brüdern. Auf die musste ich als Älteste immer aufpassen. Richtig gut gefällt mir in meiner Wohngruppe, dass mittags gekocht wird und ich mich nützlich machen darf. In die Rezepte mische ich mich nicht ein. Meine Aufgabe sind die Salate oder Kartoffeln schälen.«
»Seit Jahren gehe ich täglich bei jedem Wetter zum Barfußbaden, zur Not mit Schirm. Nach dem Aufstehen laufe ich in der Wiese barfuß. Das brauche ich, ohne dem geht der Tag nicht los.«