Magazin | MutMacher
Erika Weissgerber (96) und Rosmarie Reichmann (43)

„Wir haben eine wunderbare Freundschaft“

„Als ich vor zwei Jahren gestürzt bin, hatten meine Buben Angst, mich allein zu lassen. Ich habe mein Haus verkauft und mich fürs Bürgerheim entschieden. Hier gefällt es mir sehr gut, ich bin sowieso ein zufriedener Mensch. Zum Glück ist mein Kopf noch klar, ich lese Zeitung, interessiere mich für alles, schwätze über Politik, mache gern Witze und gebe zu allem meinen Senf dazu. Und ohne Krimi gehe ich nicht ins Bett. Als es mir nicht so gut ging, hat mir Rosmarie sehr viel geholfen. Damals hat sie noch im Bürgerheim geschafft. Aus dieser Begegnung ist eine sehr gute Freundschaft geworden. Sie ist mein Igele, weil sie so eine Frisur hat. Ich weiß nicht, ob ich noch da wäre, wenn ich Rosmarie nicht hätte. Sie kommt jeden Tag zu mir. Dabei schafft sie täglich Nachtschicht. Am Mittag kommt sie und bleibt bis zum Abend. Mit 95 Jahren war ich mit ihr und ihren Eltern, die mich auch so gut aufgenommen haben, zum ersten Mal im Europapark. Das war wunderschön. Wir beide machen oft Ausflüge. Im Sommer sind wir fast jeden Sonntag auf der Möglingshöhe, da sagen die Leute schon ‚jetzt kommen die zwei vom Heim.‘ Und wenn es auch ihr mal nicht so gut geht, baue ich sie auf. Dann sage ich: ‚Schätzle, es wird schon wieder.‘ Sie dekoriert auch mein Zimmer und sucht schöne Kleidung für mich aus. Oft bringt sie was zum Essen mit. Dann tauschen wir manchmal. Sie isst meinen Grießbrei und ich ihren Hering. Hier im Heim machen wir bei vielen Veranstaltungen mit. Da ist meine Rosmarie mit mir dabei. Was ich nicht leiden kann, ist Ungerechtigkeit und wenn manche Leute meckern. Dafür gibt es keinen Grund, auch das Essen ist sehr gut und man findet immer etwas, was einem schmeckt. Viele hier haben den Krieg erlebt, da muss man doch sehr zufrieden sein, so wie es uns hier geht. Meine Devise heißt: Wie es kommt, so muss man es annehmen.“