Mutmacher ERIKA ZIMMERMANN (83) »Meine Probleme bekämpfe ich mit Bewegung« »Von der Bewegung her bin ich fit. Ich trai- niere viel. Nur so bekomme ich meine ge- sundheitlichen Probleme einigermaßen in den Griff. Mein Training hat sich ergeben, als der Arzt mir sehr erfolgreiche Massagen verschrieben hatte. Meine Therapeuten zeig- ten mir schwungvolle Übungen, die gut für den Rücken sind. Die mache ich tagsüber, manchmal auch nachts. Wenn ich morgens aufstehe, muss ich gegen meinen beschwer- lichen Kreislauf ankämpfen. Dazu nehme ich mein Bett auseinander und lege die Unterlage vor die offene Balkontür. Das sind dann an- dere, schwerere Übungen. Mit denen komme ich in Schwung und genieße dabei frische Luft. Mein Blutdruck ist niedrig und oft lei- de ich unter Übelkeit. Das Training hilft mir, ich komme damit oft ohne Tropfen gut über die Runden. Gegen acht Uhr kann ich etwas essen. Ein Problem meiner Erkrankung, die ich in jungen Jahren bekam, ist das Essen. Je nach Bedarf esse ich unregelmäßig über den Tag verteilt. Ich muss genau auf meinen Kör- per hören und mich Tag für Tag neu mit ihm arrangieren. Ernährungsmäßig bekomme ich das ganz gut hin. Ich bewege mich viel, laufe morgens und mittags draußen, je nach Wetter und Befinden. Erika Zimmermann, eines der Fotomodelle für die Ausstellung zur Geburtstagsparty 45 Jahre Kurstift in Bad Dürrheim. 54 Den Fahrstuhl benutze ich selten, ich laufe Treppen, hoch und runter. So finde ich meinen Rhythmus täglich neu, denn ein Tag ist nie wie der andere. Im Moment habe ich eine große Aufgabe vor mir, die ich abarbeiten muss. Seit zwei Jahren wohne ich im Kurstift in einer schönen Wohnung, in der ich mich wohl fühle. Aber eigentlich ist sie für mich zu groß. Und deshalb ziehe ich hier im Haus jetzt noch mal um. Mein Mann ist gestorben, die Verwandt- schaft wohnt weit entfernt und ich lebe allein. Hilfe habe ich durch die Nachbarschaftshilfe, aber ich musste überlegen, wie es mit mir im Alter weitergeht. Ich lebe in einem engen reli- giösen Rahmen. Da wurde mir immer signali- siert vorauszuschauen. » Auf den ersten Blick meinen alle, ich sei eine quicklebendige Frau. Mir hat man mal gesagt, dass ich keine zehn Jahre Lebenszeit mehr habe. Und ich habe überlegt, wie es in der großen Wohnung wird, ob ich irgendwann im Bett liegen muss. Mein Bruder meint immer, dass ich bestimmt 90 werde, mich aber verkleinern sollte. Ich glaube, er kann das nicht einschätzen. Aber ich gebe ihm recht, was will ich zum Beispiel mit zwei Balkonen, ich kann sowieso nur auf einem sitzen. Es gibt viele Gründe, sich zu ver- kleinern. Die Gedanken, was richtig ist, haben mir viele Nächte verhunzt. Aber wenn ich sol- che Gedanken einfach zur Seite schiebe, fällt mir vielleicht hier die Decke auf den Kopf. Oft habe ich überlegt, bei wem ich mir Rat holen sollte, bin aber zu dem Schluss gekommen, dass das keinen Wert hat, die Entscheidung kann nur allein bei mir liegen. Bis zur letzten Minute habe ich mich schwergetan. Dann kam das Angebot. Ich ziehe nur einen Stock tiefer, in die Wohnung nebenan. Wenn ich das nicht gemacht hätte, wäre ich dumm. Da muss der gesunde Menschenverstand auch wirken, nicht nur der Himmel. Jetzt sind alle Wege ge- ebnet, alles ist tipptopp organisiert. Nächste Woche kann ich mit dem Kleinkram selbst aktiv werden, das muss ich meinen Helfern nicht zumuten. Voraussetzung ist, ich bleibe gesund, dem Rücken darf nichts passieren, deshalb gilt für mich: trainieren, trainieren, trainieren. Meine Kurzsichtigkeit und mein schlechtes Hören machen mir auch Probleme, weil dadurch Kontakte und Kommunikation schwierig werden. Jeden Sonntag sitze ich im Bus zu einer Fahrt ins Blaue. Aber da bin ich auch einsam. Ich sehe sehr schlecht in der Nähe und erkenne die Leute nicht. In der Ferne erkenne ich alles gut, also genieße ich die schöne Landschaft. Wenn sich viele unter- halten, kann ich nichts verstehen. Ich brauche eine klare und deutliche Ansprache, dann geht es. Mein Körper reagiert auf Hilfsmittel leider schlecht. Mit dem Hörgerät bin ich noch in der Findungsphase. Vielleicht komme ich nach dem Umzug einen Schritt weiter.«